Kosovarische Polizisten und KFOR-Einheiten in Zvecan, Kosovo
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Kosovarische Polizisten und KFOR-Einheiten in Zvecan, Kosovo

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Kosovo meldet Vorrücken serbischer Truppen – Berlin besorgt

Der Konflikt zwischen Serbien und dem Kosovo nimmt bedrohliche Ausmaße an. Pristina wirft Belgrad vor, mit Militär in Richtung des Kosovos vorgerückt zu sein – "aus drei verschiedenen Richtungen". Serbien dementiert, Berlin ruft zur Deeskalation auf.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Der Dauerkonflikt zwischen Serbien und dem Kosovo lässt den Balkan nicht zur Ruhe kommen. Sticheleien gehören zur Tagesordnung, doch dabei scheint es jetzt nicht mehr zu bleiben. Pristina wirft Belgrad vor, mit Militär in Richtung des Kosovos vorgerückt zu sein – und zwar "aus drei verschiedenen Richtungen". Das geht aus einer Mitteilung der kosovarischen Regierung vom Samstagabend hervor. Das Vorrücken diene "einer möglichen militärischen Aggression gegen die Republik Kosovo".

Kosovo befürchtet Angriff, Serbien dementiert

Serbien habe am Freitag Militär und Polizei in 48 vorgeschobene Operationsbasen entlang der Grenze zum Kosovo geschickt, im serbischen Hoheitsgebiet, einige Kilometer von der kosovarischen Grenze entfernt, hieß es in der Erklärung aus Pristina. Dabei habe Serbien Flugabwehrsysteme und schwere Artillerie in Stellung gebracht. Kosovo sei in Abstimmung mit internationalen Partnern "entschlossener denn je, die territoriale Integrität zu schützen".

Serbiens Präsident Aleksandar Vučić dementierte am Samstag im Gespräch mit der "Financial Times" jede Absicht zu einem militärischen Schlag gegen das Kosovo. Er werde vielmehr den Befehl zum Rückzug serbischer Truppen geben, da eine Eskalation bei Belgrads EU-Aspirationen "kontraproduktiv" wäre. Serbien werde nicht seine eigenen jahrelangen Bemühungen zerstören. "Serbien will keinen Krieg", sagte er dem Blatt.

Bundesregierung ruft zur Deeskalation auf

Die Bundesregierung zeigt sich besorgt und rief zur Mäßigung auf: "Zwischen Serbien und Kosovo darf es keine weitere Eskalation geben. Wichtig, dass Serbien unverzüglich Truppen an der Grenze reduziert", schrieb das Auswärtige Amt am Samstag auf der Plattform X (früher Twitter). "Gemeinsam mit unseren Partnern stehen wir in intensivem Kontakt mit allen Seiten. Der politische Prozess muss dringend fortgesetzt werden", hieß es weiter.

"Beispielloser Truppenaufmarsch"

Auslöser der neuen Spannungen war am vergangenen Sonntag der Angriff eines 30-köpfigen, schwer bewaffneten serbischen Kommandotrupps in der Ortschaft Banjska bei Mitrovica im Nordkosovo auf kosovarische Polizisten. Ein Polizist und drei Angreifer wurden nach Polizeiangaben bei Schusswechseln getötet. Später teilte ein Mitglied einer großen kosovo-serbischen Partei mit, er habe die Gruppe ohne das Wissen Belgrads organisiert.

Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, bezweifelt diese Aussage. Der Angriff sei "sehr ausgeklügelt" gewesen und habe rund 20 Fahrzeuge, "militärische" Waffen, Ausrüstung und Ausbildung umfasst. Es sehe "nicht so aus, als hätten sich einfach ein paar Leute zusammengetan, um das zu tun". Zudem beobachtet der Nationale Sicherheitsrat seit längerem einen "beispiellosen" Truppenaufmarsch Serbiens an der Grenze zum Kosovo. Der Zweck der serbischen Aufrüstung sei noch nicht klar, aber besorgniserregend.

Kosovo: seit 15 Jahren unabhängig

Kosovo hatte 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt. Serbien erkennt diese aber nicht an. Die überwiegende Mehrheit der 1,8 Millionen Einwohner im Kosovo sind ethnische Albaner. Dazu kommen 120.000 Serben, die vor allem im Norden des Landes leben.

Die angespannte Situation spitzt sich immer wieder zu – so zuletzt nach diversen Vorfällen im Dezember 2022 und erneut bei Ausschreitungen im Mai 2023.

Die Nato will nun ihre Präsenz in dem Westbalkan-Land erhöhen. Stationiert sind im Kosovo derzeit etwa 3.400 KFOR-Soldatinnen und Soldaten, davon rund 70 Bundeswehr-Angehörige. In Brüssel bestätigte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, dass das westliche Militärbündnis bereit sei, seine Friedenstruppen vor Ort zu verstärken, um auf die Lage zu reagieren.

Video: Blutige Zusammenstöße am vergangenen Wochenende

Der Konflikt im Kosovo ist erneut eskaliert. Bei einem Schusswechsel mit der Polizei gab es vier Tote.
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Der Konflikt im Kosovo ist erneut eskaliert. Bei einem Schusswechsel mit der Polizei gab es vier Tote.

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