Ärztin setzt zur HPV-Impfung eine Injektion in den Oberarm einer Jugendlichen.
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Die HPV-Impfung schützt vor der Infektion mit Humanen Papillomviren. Sie zählen zu den häufigsten sexuell übertragenen Erregern.

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HPV-Impfungen gegen Krebs: Wie Aktionen an Schulen helfen sollen

Humane Papillomviren (HPV) sind sexuell leicht übertragbar und können Krebs verursachen. Es gibt zwar eine Schutzimpfung im Kinder- und Jugendalter, doch die Zahl der Impfungen ist zu niedrig. Experten fordern deshalb Impfkampagnen an Schulen.

Über dieses Thema berichtet: Campus Magazin am .

Die Infektion mit HPV (Humane Papillomviren) galt lange Zeit als Frauenkrankheit. Tatsächlich sind Frauen nach Vaginalsex die Hauptleidtragenden, was die Zahl der Krebserkrankungen betrifft. Doch inzwischen weiß man, dass auch Männer erkranken.

HPV befällt Haut und Schleimhäute, das Virus wird also auch bei Oral- und Analsex übertragen. Für die Münchner Frauenärztin Dr. Marianne Röbl-Mathieu sind HPV-Infektionen in ihrer Praxis – leider – Alltag: "Das häufigste Krankheitsbild sind Genitalwarzen, die trotz ihrer Gutartigkeit sehr unangenehm sein können. Dann gibt es auch die Möglichkeit, dass sich bösartige Krankheiten herausbilden, am häufigsten am Gebärmutterhals, aber auch im Genitalbereich und im Mund-Rachen-Bereich."

Krebs kommt erst Jahrzehnte nach der HPV-Infektion

Die HPV-Infektion verläuft für neun von zehn Betroffenen harmlos. Sie führt zunächst zu keinerlei Beschwerden und heilt bei den meisten nach ein bis zwei Jahren wieder ab. Doch jede zehnte Infektion führt zu einem Krankheitsbild. Aber nicht zeitnah, sondern oft erst nach Jahrzehnten, erklärt Barbara Wollenberg, Direktorin der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München: "Das ist bei HPV sehr trügerisch, deshalb ist es sehr wichtig, ein Bewusstsein zu schaffen, vor allem bei Jugendlichen. HPV-Infektion heißt nicht gleich Karzinom, aber bei vielen Patienten kommt es nach 20, 25, 30 Jahren zur Karzinombildung." Wenn man hochrechne, dass das durchschnittliche Alter der Patienten bei 45 bis 50 Jahren liegt, sei zu sehen, dass sich die meisten im Alter zwischen 15 und 25 Jahren infiziert haben.

Zahl der HPV-Impfungen viel zu niedrig für Herdenimmunität

Durch eine Impfung vor dem ersten Geschlechtsverkehr könnten sich die Jugendlichen vor einer Infektion schützen. Doch in Bayern sind nur 44 Prozent der 15-jährigen Mädchen und nicht einmal 15 Prozent der gleichaltrigen Jungen geimpft. Das ist viel zu wenig, um eine sogenannte Herdenimmunität zu erreichen. Die Europäische Union strebt eine Quote von 90 Prozent an. Die Impfung ist gut verträglich, sie wird von den Krankenkassen bezahlt und sie schützt zu fast 100 Prozent vor den gefährlichsten HPV-Varianten.

Impfkampagne gegen Wissensdefizite bei HPV

Trotz all dieser Pluspunkte ist die Impfbereitschaft gering. Frauenärztin Marianne Röbl-Mathieu ist Mitglied der Ständigen Impfkommission. Sie vermutet als Hauptursache Wissensdefizite – bei Jugendlichen, Eltern und Lehrern: "Ich fände es eine gute Idee, wenn man an Schulen Impffortbildungsangebote anbietet. Da ist eine Gruppendynamik dabei, da interessiert sich die ganze Klasse, da kann man die Eltern mit einbeziehen, da werden Dinge bewusst, die man vorher vielleicht verdrängt hat." Dass solche Aktionen funktionieren, habe erst kürzlich eine Impfkampagne in Bayern gezeigt. Nach einer Impfwoche der Landesarbeitsgemeinschaft Impfen im Sommer 2023 sei in diesem Quartal die Zahl der Impfungen überproportional angestiegen.

Ideales Impfalter zwischen 9 und 14 Jahren

Der Chef der Ständigen Impfkommission (Stiko), Klaus Überla, geht noch einen Schritt weiter und fordert ein flächendeckendes Impfprogramm an deutschen Schulen. Laut einer aktuellen Umfrage würden zwei Drittel der Deutschen so eine Möglichkeit befürworten. Auch HNO-Professorin Barbara Wollenberg hält das für eine gute Idee: "Ich kann das nur wärmstens empfehlen. Alle Jugendlichen - Jungen wie Mädchen - sollten geimpft sein."

Das ideale Impfalter liegt bei 9 bis 14 Jahren. Doch auch eine spätere Impfung ist durchaus sinnvoll, sagt Marianne Röbl-Matthieu. Eine skandinavische Studie habe gezeigt: Wenn bis zu einem Alter von 17 Jahren geimpft wurde, sank die Rate von Gebärmutterhalskrebs um 88 Prozent. Bei einer Impfung zwischen 17 und 30 Jahren sank sie immerhin noch um mehr als der Hälfte. Wenn die Impfung im empfohlenen Alter von 9 bis 14 verpasst wurde, solle man diese also unbedingt bis zum 18. Geburtstag nachholen, rät die Gynäkologin Röbl-Matthieu.

Im Juli findet in Bayern wieder eine Impfkampagne mit Schwerpunkt HPV statt. Das wäre eine gute Gelegenheit, um so ein Impfprogramm zu starten.

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