Singende Mönchsgrasmücke
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Singende Mönchsgrasmücke

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Die Vögel sind wieder da

Seit die Tage länger werden, hört man wieder Vögel zwitschern. Und auch mit Zugvögeln kann man schon rechnen, wenn sie nicht gleich ganz auf den Vogelzug verzichtet haben. Vögel passen sich an den Klimawandel an, dabei gibt es Gewinner und Verlierer.

Sobald die Tage länger werden und die Sonne scheint, machen sich unsere Vögel wieder deutlich bemerkbar. Meisen, Spatzen und Kleiber kämpfen mit Gezwitscher ums beste Revier. Frühreife Vögel wie Waldkauz und Schleiereule nehmen gar schon die Balz auf. Zu unseren heimischen Vogelarten gesellen sich Ex-Zugvögel, die den Winter inzwischen in Deutschland aussitzen und gar nicht mehr auf Reisen gehen sowie neue Vogelarten, die Deutschland plötzlich schick finden.

Zugvögel kommen früher zurück

Immer früher im Jahr stimmen auch Zugvögel in den Chor mit ein: Verglichen mit dem Jahr 1959 fliegen Zugvögel in Europa und Nordamerika im Schnitt eine Woche früher in ihre Brutgebiete zurück, sagt der Naturschutzbund Deutschland (nabu). Das habe eine Auswertung von Vogelbeobachtungsdaten ergeben, die in der Fachzeitschrift "Ecological Indicators" veröffentlicht wurde. Je höher die Frühlingstemperaturen, umso früher starteten die Vögel ihre Rückreise nach Norden.

Vögel - Gewinner des Klimawandels

  • Besonders früh dran ist die Mönchsgrasmücke. Ihre Anpassungsfähigkeit hat selbst Vogelkundler überrascht: Die Mönchsgrasmücke fliegt ihr Brutgebiet im Schnitt sogar 19 Tage früher an als vor gut 60 Jahren. Außerdem zieht eine Vogelpopulation inzwischen bis nach England, also in den Norden statt in den Süden. Wie kann das sein? Auch in England ist die Witterung deutlich milder geworden. Und die Briten gelten als das vogelfreundlichste Volk weltweit und füttern die Tiere, was das Zeug hält. Futter ohne Ende und wenig Konkurrenz, das lässt sich natürlich kein schlauer Vogel entgehen!
  • Der Specht sitzt in Deutschland wie die Made im Speck: Dank des Klimawandels und der milderen Witterung vermehrt sich sein Futter, der Borkenkäfer, prächtig und muss nur noch aus der Baumrinde gepickt werden.
  • Weißstörche, die gewöhnlich auf der Westroute unterwegs waren, verzichten inzwischen auf die Fernreise nach Afrika und lassen sich in Spanien nieder. Die Weißstörche, die die längere Ostroute gewohnt sind, fliegen weiterhin in weit entfernte Winterquartiere. Eine besondere Bewandtnis hat es mit einer Storchenpopulation, die in Bayern überwintert.
  • Kiebitz und Hausrotschwanz gelten als klassische Zugvögel, inzwischen zieht es sie im Winter aber nicht weiter weg als nach Mitteleuropa.
  • Singdrossel und Star überwintern inzwischen in Deutschland. Einst waren sie Kurzstreckenzieher, heute reicht ihnen, was sie hierzulande in Bäumen und Sträuchern finden.
  • Zu den Vogelarten, die sich in Deutschland ausgebreitet haben, gehören der Silberreiher, der Wiedehopf und der Bienenfresser. Wie ortsansässige Vögel mit der neuen Konkurrenz zurecht kommen, muss sich noch zeigen.
  • Auch die Amsel ist ein Klimawandel-Gewinner. Früher flüchtete sie im Winter nach Italien oder Frankreich. Inzwischen bleibt sie meist in Deutschland am immer gedeckten Tisch. Die Amsel ist sowohl in der Stadt als auch auf dem Land anzutreffen. Allerdings bringt der Klimawandel für die Amsel auch ein Problem mit sich: das Usutu-Virus. Seit 2010 ist es in Deutschland nachgewiesen und sorgte für ein massenhaftes Amselsterben. Keine andere Vogelart war derart betroffen wie die Amsel. Da das Usutu-Virus Wärme zur Vermehrung braucht, könnte sich das Problem in Zukunft noch verschärfen.

Zugvögel müssen länger fliegen

Vögel treibt ihr genetisches Programm zum Vogelzug und auf bestimmte Zugrouten. Viele können ihr Verhalten aber zusätzlich auch an Umweltbedingungen anpassen. Sowohl die Zugrichtung als auch das Zeitprogramm, also wie lange die Tiere im Winter in den Süden fliegen müssen, um Futter zu finden, sind angeboren. Doch nun haben Forscher festgestellt, dass je nach Vogelart die Reisen der Tiere durch den Klimawandel anstrengender werden: Mehr als 80 Prozent der europäischen Langstreckenzieher müssen länger und weiter fliegen als bisher, weil sich in Afrika die Wüsten ausbreiten, Landschaften versteppen und Feuchtgebiete weltweit dreimal schneller verloren gehen als Wälder, sagt der Nabu und beruft sich auf die britische "Royal Society for the Protection of Birds".

Auf 37 Prozent der Zugwege müssten die Vögel zudem einen zusätzlichen Zwischenstopp einlegen, um ihre aufgebrauchten Fettpolster wieder aufzubauen. Das kostet Zeit und ist ein ernstzunehmender Nachteil für die Tiere. Während andere Zugvögel schon Anfang März wieder da sind, kommen der Kuckuck und der Trauerschnäpper erst im April wieder in Deutschland an. Da sind die besten Brutplätze dann meist schon besetzt und es gibt noch andere Probleme.

Vögel - Verlierer des Klimawandels

  • Der Kuckuck ist ein Schmarotzer und legt seine Eier in fremde Nester. Sind die Kuckucks-Küken geschlüpft, schubsen sie die Eier der Wirtsvögel aus dem Nest. Der Klimawandel macht dem Kuckuck inzwischen aber einen Strich durch die Rechnung. Während der Kuckuck weiterhin erst im April zurückkommt, brüten seine "Opfer", Zaunkönige, Rotkehlchen oder Sumpfrohrsänger, früher und erkennen schnell das neue falsche Ei im Nest, das sie umgehend entfernen.
  • Auch der Trauerschnäpper hat Nachteile durch die klimatischen Veränderungen: Er ist bei seiner Nahrung stark festgelegt und bevorzugt Schmetterlingsraupen. Die haben sich inzwischen im April aber schon verpuppt, um Schmetterlinge zu werden. Der Vogelnachwuchs droht dadurch zu verhungern.

Manche Vögel wie der Trauerschnäpper sind so spezialisiert, dass sie wenig auf Veränderungen reagieren können. Andere Vögel wie die Mönchsgrasmücke können sich trotz ihres genetischen Programms gut an neue klimatische Verhältnisse anpassen. Die Bandbreite des Verhaltensrepertoires unter Vögeln variiert stark, gute Lebensbedingungen am Aufenthaltsort brauchen aber alle Tiere:

"Generell kann man sagen: Tiere sind meist sehr flexibel und können sich schnell an sich ändernde Bedingungen anpassen. Was sie dafür brauchen, ist Diversität der Lebensräume und des Futters. Dann können sie sich die besten neuen Bedingungen aussuchen und gut überleben." Martin Wikelski, Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie in Radolfzell

Quelle: epd, Max-Planck-Institut für Evolutionsbiologie, alpha forum